Wie die Schrift unser Denken beeinflußt

Im folgenden lehne ich mich eng an den   Artikel “ Lesefähigkeit: Wie Schrift unsere Art zu denken ändert“ an.

Ich verwende also viele Zitate daraus, ohne sie im einzelnen immer zu kennzeichnen.

Wenn das Interesse geweckt ist, also bitte den Originalartikel lesen.

Es gibt keine genetisch ausgeprägten Gehirnzentren für das Erkennen von Schriftzeichen

Da die Schrift sehr jung ist, reichte die Evolutionszeit nicht aus, damit sich dafür ein genetisch festgelegtes Lesezentrum in unserem Gehirn entwickelte.

Bereiche unseres Gehirns, die nie dafür ausgelegt waren, werden für das Lesen und Schreiben verwendet. Das erklärt auch, warum der Lernprozess so lange Zeit braucht, bis sich die benötigten Gehirnstrukturen ausgebildet haben.

Untersuchungen zeigen, dass Gehirnbereiche, die für das Erkennen von Gesichtern ausgelegt sind, für das Erkennen von Buchstaben genutzt werden. ( Neurowissenschaftler Stanislas Delaene vom Pariser College de France).

Daraus könnte folgen, dass es leichter ist, ein neues Alphabet zu lernen, wenn man jeden Buchstaben mit einem Gesicht verknüpft.

Auch uralte Gehirnstrukturen werden beim Lesenlernen verändert.  uettig und Sjkeide )

Jose Morais ( Psycholinguist  im Brüsseler Center for Research): “ Wenn der Verstand lesen und schreiben lernt, erschafft er eine Distanz zu sich selbst.“  Diese Erkenntnis ist wohl jedem bewußt, der einen Essay schreibt.

Morais teilt die Lesekundigen noch in zwei Klassen ein:

Die Literaten und die Illiteraten.

Illiteraten können nicht richtig lesen. Literaten können kritisch reflektierte Sätze selbst schreiben. Er kommt zu dem Schluß, dass nur ein Drittel  aller Franzosen produktive Literaten sind. Für ein Land, das Literatur immer so hoch geschätzt hat, eigentlich sehr beschämend.

Illiteraten nehmen Sprache als situationsbedingt und nicht manipulierbar wahr. Sprache ist für sie ein unverrückbares Bauwerk.

Es ist deshalb verständlich, dass das Denkvermögen des Twitterfans Trump sehr beschränkt ist, denn in ein oder zwei Zeilen Text, kann man keine komplexen Schlußfolgerungen darstellen. Wenn man aber nur einfache Gedanken hat, reichen 2 Zeilen aus.

Welchen Einfluß haben die verschiedenen Alphabete auf das Denken ?

Jay G. Rueckl von den Haskin Labaraories in New Haven untersuchte diese Frage, konnte aber noch keine Antwort darauf geben.

Jeder, der ein neues Alphabet lernt,  macht die Erfahrung, dass er sehr viel Zeit dafür benötigt, bis er es flüssig lesen und schreiben kann. Also werden dafür wahrscheinlich auch erst langsam neue Gehirnstrukturen entwickelt. Davon sollte die Flexibilität des Denkens und die Kreativität profitieren, da dem Gehirn mehr  Strukturen zur Verfügung stehen, mit denen es Assoziationen bilden kann.

Haben Sie Erfahrungen mit anderen Alphabeten gemacht ?

 

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2 Antworten zu Wie die Schrift unser Denken beeinflußt

  1. gloriamonique schreibt:

    Ein sehr interessanter Ansatz, dass das Lernen einer neuen Sprache zu mehr Flexibilität und Kreativität führt. Einen direkten Zusammenhang kann man wahrscheinlich selbst nicht feststellen, da die Vergleichsgröße fehlt.

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    • Claus Martin schreibt:

      Hallo Frau Wendt,

      im wissenschaftliche Sinn kann man aus eigenen Erfahrungen wohl keine allgemein gültigen Schlüsse ableiten. Es müssten parallel zum Lernen einer Fremdsprache Gehirnscans durchgeführt werden, um zu erkennen, wo im Gehirn sich neue Strukturen ausbilden.
      Und das natürlich für verschiedene Fremdsprachen.
      Außerdem müsste die Kreativität der Testpersonen vor Beginn des Lernens einer Fremdsprache, während und nach dem Abschluss getestet werden. Und damit diese Ergebnisse statistisch abgesichert sind, müssten wahrscheinlich einige hundert Personen über mehrere Jahre daran teilnehmen. Diesen Aufwand wird aber niemand betreiben, obwohl die Erkenntnisse daraus sehr wichtig sein könnten.
      Also muss man etwas bescheidener sein, sich selbst beobachten und Menschen, die mehrere Fremdsprachen beherrschen. Sehr kreative Menschen, wie Leibniz, Goethe, Schopenhauer beherrschten mehrere Fremdsprachen. Es ist allerdings schwierig zu unterscheiden, inwieweit ihnen die Sprachen geholfen haben oder das Wissen anderer Kulturen und Denkweisen.

      Ich vermute, dass für jede Fremdsprache ein eigenes neuronales Netzwerk in unserem Gehirn entwickelt wird und dass wir deshalb wesentlich mehr Assoziationen bilden können und damit auch neue Ideen oder Problemlösungen entwickeln können.
      Als ich bei Airbus Industries arbeitete, waren in jeder Projektgruppe immer Ingenieure aus mehreren Europäischen Ländern und das half, ungewöhnliche Problemlösungen zu finden. Als ich später in deutschen Firmen nur mit Deutschen zusammenarbeitete, empfand ich das immer als starrer. Eine Fremdsprache in unserem Gehirn ist vielleicht wie ein fremdsprachiger Partner, der seine Denkweise beisteuern kann. Vielleicht eine Art gesunde Schizophrenie.

      Es ist doch schön, dass wir noch so viel nicht wissen, dann bleibt noch viel zu erforschen für uns übrig.

      Was studieren Sie denn in Rostock ?

      Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrem Studium.

      Martin

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