Logische und andere Methoden des Schlussfolgerns

Wir sind gewöhnt, Logik  als die einzig richtige Methode zu betrachten, mit der aus richtigen Fakten auch richtige Schlußfolgerungen gezogen werden können.

Die formale Logik ( Boolsche Logik ) ist sehr erfolgreich, wenn ein Untersuchungsgegenstand eng eingegrenzt werden kann ( Reduktionismus in den Wissenschaften ). Aber wie Untersuchungen von Gödel im letzten Jahrhundert zeigen, ist es selbst in der Mathematik nicht möglich, zu beweisen, daß sie widerspruchsfrei ist:

  • es ist also möglich, dass  richtige  mathematische Beweisführungen zu Widersprüchen führen können.

Es gibt viele Gebiete, auf die die reduktionistischen Methoden der Wissenschaften nicht angewendet werden können, weil es zu viele Fakten gibt, die miteinander vernetzt sind und nicht alle Fakten bekannt sind, die in dem Netzwerk enthalten sind.

Dazu zählen zum Beispiel:

  • gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Fragestellungen
  • ethische Fragen
  • Ökosysteme
  • menschliches Gehirn

Es muss dann eine Denkweise in Informations-Netzwerken angewendet werden, die aber erst noch entwickelt werden muß.

In Indien haben die ehrwürdigen Vedanta-Gelehrten und Yogis eine Denkweise entwickelt, die Analogien aus dem täglichen Leben verwendet.

Auch Sokrates hat seine Gedanken in Form von vielen Analogieschlüssen entwickelt. Dabei besteht die Gefahr, dass jede Analogie fehlerbehaftet ist. Werden viele Analogieschlüsse aneinandergereiht,  wird der Gesamtfehler also größer.

Und viele Diskussionspartner von Sokrates fühlten sich von ihm auch bewußt in die Irre geführt,  ohne zu erkennen, wie er es machte.

Die Vedantagelehrten erkannten diese Gefahr und versuchten,  sie zu vermeiden.

Es gibt auch in anderen Kulturkreisen ähnliche Methoden von Schlussfolgerungen, wie bei den Sufis in den islamisch geprägten Kulturen oder die Parabeln, die Jesus verwendete, um schwierige ethische Fragen seinen Zuhörern klar zu machen.

In der Literatur wurde die literarische Form der Fabel entwickelt, die vor allem in Zeiten populär war, in denen die freie Meinungsäußerung und Kritik an der herschenden, korrupten Oberklasse streng verboten waren.

Eine Theorie in Vedanta versucht zuerst, alle wichtigen Parameter zu definieren und die Beziehungen zwischen ihnen zu bestimmen. Danach wird ein umfassendes Modell konstruiert, um alles zu verstehen, auf das diese Theorie angewendet werden kann.

Hier aber nur einige Bemerkungen zu den Ergebnissen der Vedantagelehrten.

Die Methode von logischen Schlußfolgerungen wird im Vedanta   Nyaya genannt.

  • damit soll eine Behauptung bewiesen oder widerlegt werden
    • die Anwendung von Nyaya wird nötig, wenn ein Thema vage ist oder verschiedene Meinungen darüber bestehen
  • Nyaya verwendet Illustrationen oder Metaphern, um ein umfassendes Argument in einer Nuss-Schale darzustellen
    • Nyaya ist aus dem täglichen Leben abgeleitet und deshalb für jedermann verständlich
      • von Bekanntem ausgehend,  werden abstrakte Konzepte schrittweise erklärt
    • aber es gibt keine perfekten Analogien und man muss sich bemühen, aus einer Analogie ihren wahren Kern herauszulösen

Betrachten wir Nyaya vom Gesichtspunkt des Denkens in Informations-Netzwerken aus, so triggern die Analogien Netzwerke in unserem Gehirn, die so groß sind, dass sie uns nicht in ihrem gesamten Umfang bewusst sind.

Hier einige Nyayas, die der große Yogi Sri Swami Sivananda in seiner Schrift:

Vedanta for Beginners

zitiert. ( von mir aus dem Englischen übersetzt)

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Rajjusarpa-Nyaya

Im Zwielicht tritt ein Mann auf ein Seil und verwechselt es mit einer Giftschlange. Entsetzt springt er hoch und schreit laut voller Angst.

Sein Herz schlägt rasend. Aber als ein Freund mit einem Licht kommt, sieht er, dass es keine Schlange ist, sondern nur ein Seil und seine Angst verschwindet.

Damit soll illustriert werden, dass die Welt nicht real ist und sie von dem obersten Brahman abhängt. Brahman ist die Realität und die Welt ist nur ein falscher Eindruck von Brahman, so wie das Seil ein falsches Bild einer Schlange ist.

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Samamudrataranga-Nyaya

In dem riesigen  Ozean gibt es zahllose Wellen. Jede Welle unterscheidet sich von jeder anderen Welle und jede Welle kann getrennt gesehen werden;  jede für sich.

Aber alle Wellen sind nur Wasser und sind nicht von dem großen Ozean getrennt. Alle sind nur eine Realität. Der Unterschied ist nur scheinbar.

Das illustriert, dass all die unzähligen Jivas, die in diesem Universum erscheinen, obwohl sie scheinbar als unterschiedliche Formen gesehen werden, in Realität nur ein Ozean des Satchitananda sind und alle identisch mit ihm. Es gibt keinen Unterschied oder Vielheit.

Anmerkungen:

Jivas sind die individuellen Seelen

Satchitananda  ist der oberste Gott;  Brahman im Hinduismus.

„Von Sinnesbanden unbeschränkt, erglänzt es wie durch Sinneskraft. Es trägt das All, und unberührt genießt es jede ‚Eigenschaft‘. Ist in und außerhalb der Welt, fest und beweglich, Ardschuna, so fein, dass niemand es gewahrt. Es ist zugleich entfernt und nah. Zerteilt durchdringt die Wesen es und bleibt in Wahrheit ungeteilt. Erhält ihr Sein durch seine Kraft, schafft und zerstört sie unverweilt. Das ‚Licht der Lichter‘ heißt man es, das jenseits alles Dunkels thront, Erkennen und Erkenntnisziel; in jedes Wesens Herz es wohnt.“

– Bhagavad-Gita (13.14-17)
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Im indischen  Epos Mahabharatha wird beschrieben, dass die verschiedenen Götter Amtsinhaber sind.   Menschen können  nach ihrem Tode verschieden lange Zeiten ein Amt als Gottheit bekleiden, zwar für sehr lange Zeiträume, aber trotzdem nur für eine endlich lange Zeit.

Über Brahman steht Krishna.

Da es sehr viele Universen gibt und jedes eine zwar sehr lange, aber begrenzte Zeit nur existiert und Krishna jedes Universum durch sein Denken erhält, ruht er sich sehr lange Zeit aus, nachdem ein Universum sich wieder aufgelöst hat.

Nach seinem Erwachen gibt Krishna dem Gott  Brahman den Befehl, ein neues Universum zu erschaffen, das nach vielen Milliarden Jahren wieder verschwindet. Danach wiederholt sich alles ( aber in anderer Form und in anderer Abfolge )

Krishna verkörpert sich ca. alle 60 000 Jahre und erscheint immer, wenn die Gefahr besteht, dass die Religion verschwindet.

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Rekha-gavaya-nyaya:

Ein Stadtbewohner hatte noch nie einen wilden Büffel gesehen. Ein Förster zeichnet das Bild eines wilden Büffels und der Stadtbewohner glaubt, dass die Zeichnung selbst der wilde Büffel wäre.

Bei einer späteren Gelegenheit besucht er den Wald und sieht einen lebenden Büffel. Er ahnt, dass die Zeichnung und das Tier zwei verschiedene Dinge sind.

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