Musikstücke auswendig lernen:
Ich folge den Ratschlägen, die Chuan Chan
in seinem umfangreichen Buch beschreibt.
Als Kernaussage betont er immer wieder, dass ein neues Musikstück auswendig gelernt werden sollte und zwar mit allen Arten unseres Gedächtnisses:
- Sehen und im Gedächtnis bildlich vorstellen
- Hören und im Gedächtnis hören
- Beim Spielen den Bewegungsablauf der Finger und des ganzen Körper fühlen und im Gedächtnis nachempfinden
Chan betont auch, dass alle diese Gedächtnisarten trainiert werden sollten und beschreibt ihre Stärken und Schwächen und dass alle Gedächtnisarten miteinander verknüpft sind und damit das Langzeitgedächtnis stärken.
Bisher hatte ich das nicht beachtet und mich vor dem Auswendiglernen gedrückt. Aber bei schwierigeren Musikstücken zieht sich der Lernprozess endlos hin.
Chan verspricht, dass mit seinen Methoden die Lernzeit wesentlich kürzer ist und dass man sich ein umfangreiches Repertoire damit aufbauen kann.
Also ist die Versuchung so stark, dass ich den inneren Schweinehund überwinde und einen Selbstversuch starte.
Versuch:
- 1 Tag: visuelles Gedächnis answenden: Ein sehr einfach zu spielendes Musikstück für Klavier. 1 Din A 4 Seite
- wie ich erfreut feststelle, gibt es zwar 4 Doppelzeilen ( je eine Zeile für Sopran und für Bass ), aber jede Doppelzeile wiederholt sich einmal.
- Außerdem ist die Bassbegleitung sehr einfach oder es wird dieselbe Notenfolge verwendet wie im Sopran, nur an anderer Stelle.
- das erfreut naürlich den inneren Schweinehund, schwächt ihn aber auch so stark, dass er mich gewähren läßt 🙂
- am 1. Tag lerne ich also Sopran und Bass einzeln, zuerst nur mit dem visuellen Gedächtnis, da das bei mir am stärksten ausgeprägt ist.
- 2. Tag: Wiederholung mit visuellem Gedächtnis: naürlich weiß ich nicht mehr alles genau und wiederhole alles, bis ich mich wieder genau daran erinnere ( nur visuelles Gedächtnis )
- während des Tages spiele ich mehrmals beide Hände auf meinem visuellen Gedächtnisklavier.
- 3. Tag: Motorisches Gedächtnis anwenden: Ich spiele mehrmals jeweils auswendig eine Hand 5 bis 10 mal, lass sie dann entspannt auf dem Knie ruhen und spiele die andere Hand 5 bis 10 mal.
- dabei stelle ich mir die Noten visuell vor.
- ich stelle fest, dass es einige Konflikte zwischen visueller Vorstellung und Bewegung der Finger gibt und übe diese Takte solange, bis ich sie einwandfrei spielen kann.
- am Schluss spiele ich noch jede Hand separat einmal durch
- ich spiele beide Hände ohne Klavier und konzentriere mich dabei nur auf die Fingerbewegungen
- 4. Tag: visuelles Gedächtnis und motorisches Gedächtnis wiederholen: ich spiele abwechselnd virtuell beide Hände und stelle mir dabei visuell die Noten vor.
- wenn ich mir visuell unsicher bin, prüfe ich die Fingerbewegungen und das hilft, die visuelle Vorstellung zu korrigieren.
- 5 . Tag: Tongedächtnis anwenden und visuelles und motorisches Gedächtnis weiter stärken: ich spiele beide Hände separat auswendig am Klavier und konzentriere mich dabei auf den Klang.
- zuerst spiele ich noch sehr langsam, um den Klang mit der visuellen Vorstellung und mit den Fingerbewegungen zu verknüpfen.
- schrittweise steigere ich das Tempo
- ich fange an, mir visuell vorzustellen, mit beiden Händen zu spielen.
- da ich das Stück jetzt sicher auswendig beherrsche, kann ich beliebig von einem Takt zu einem anderen springen. Macht richtig Spass.
- das werde ich also in den nächsten Tagen anwenden, um am Klavier viele verschiedene Variationen zu spielen.
Der innere Schweinehund schläft anscheinend und gönnt mir den schnellen Erfolg, wohl in der Gewißheit, dass er den längeren Atem hat 🙂